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Eine grafische Kunst: der franzosische Comic

LOUSTAL, Jacques (geb. 1956) Folgt unter den jungen Zeichnern wohl am wenigsten dem Althergebrachten. Mit dem Szenaristen Philippe PARINGAUX malt er mehr, als er erzählt: Stimmungen, Seelenzustände, einen Hauch von Blues.

Jacques LOUSTAL gehört zu der jungen Generation von Zeichnern, die sich sowohl mit der Illustration von Büchern und Zeitungen als auch mit dem Comic beschäftigen. Seien sie schwarz_weiß oder farbig, die Zeichnungen, die er seit etwa zehn Jahren veröffentlicht, verraten immer eine besondere Lust am Licht, was bis dahin sehr ungewöhnlich für dieses Genre war. In den Alben von LOUSTAL und PARINGAUX bemerkt man sofort die völlige Abwesenheit von Sprechblasen. Wie in den Bilderbüchern die den Werken SAINT_OGANs vorhergingen, befindet sich der Text hier in Streifen unter den Bildfeldern, ohne daß es sich dabei um eine nostalgische Rückkehr zu den Bildern aus Epinal handelt. In der Tat sind die Zeichnungen LOUSTALs in keinem Fall entbehrliche Illustrationen des literarischen Textes von PARINGAUX. Sie stellen nicht die Handlung dar, sondern zielen vielmehr darauf, einen zusätzlichen Gesichtspunkt anzubieten und Stimmungen zu beschreiben. So zeigen die ersten beiden Bildfelder Pauline und das Äußere des Schwimmbeckens, während der Text von der Tätigkeit und den Gesten Boris' im Innern des Hotelzimmers berichtet. Und wenn, als Pauline ins Zimmer tritt, das Bild teilweise mit dem Text übereinstimmt (Feld 3), dann nur, weil es erforderlich ist, den Leser von Zeit zu Zeit daran zu erinnern, daß es eine Verbindung zwischen dem Geschriebenen und dem Gezeigten gibt. Hier will LOUSTAL die drückende Atmosphäre einer großen Hitze umschreiben. Angeregt durch die zeitgenössische Malerei und insbesondere durch den Engländer David HOCKNEY, dessen berühmtestes Bild, A bigger splash, er zitiert (Feld 2), wählt er Momente ohne besondere dramatische Intensität aus und hält die wenigen Bewegungen im Bild fest: Der Schwimmer scheint über dem Wasser zu verharren (Feld 1), die langen vertikalen Linien deuten auf Unbewegtheit hin, er vermeidet zu dynamische schräge Linien. Man hat das Gefühl, daß die Zeit in diesen breiten Bildfeldern sehr langsam verrinnt, daß sie beinahe stillsteht.

Um diese belastende Stimmung und den Tiefeneffekt der Dekoration zu betonen, bringt der Zeichner tiefe und anhaltende Farben auf das Originalblatt. Das Weiß des Papiers ist völIig überdeckt mit blauen, grünen und ockergelben Aquarellen, mit der gelben Tusche des Sprungbretts und der weißen Gouache der Spritzer. Gerade das bringt den Eindruck von Farbdichte und Sättigung des Lichts hervor. Im Gegenlicht des Feldes 3 wollte LOUSTAL die Wiedergabe einer überbelichteten Fotografie nachahmen, dem Leser das Gefühl vermitteln, geblendet zu werden. Denn ein zu kontrastreiches und weniger lesbares Bild wäre in diesem Ensemble reicher Farben als mißlungen erschienen. Das Verschwinden der Farben auf den Schultern Paulines, der Schatten auf ihrem Gesicht und die verblaßten Farben hinter der Glaswand ermöglichten ihm, erfolgreich zu diesem Ergebnis zu gelangen. Die Originalität des Striches, die Darstellung der abstrakten Formen des Körpers im Wasser (Feld 1), die Neigung zum Rahmen, die Arbeit an der Komposition und an den Farben, all das bringt LOUSTAL in die Nähe der besten zeitgenössischen Maler.

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Barney et al note bleue, Casterman, 1987, s.21